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Channel: BLACKBOX – East Princess
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Petra Kelly neubelebt?

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Petra Kelly als ihr eigener Geist –

eine gutgemeinte Fiktion, liedhaft dargeboten, zahnlos ausgekostet. Schade.

<Die Bairishe Geisha: Kellyfication / politisches Theater aus privaten Gründen

Die bairishe Geisha ist in der Provinz aufgewachsen. Regional war Waldsterben. International war die atomare Bedrohung. Petra Kelly war ein Star der internationalen Friedens-, Frauen- und Ökologiebewegung, Aber gestorben ist sie in Deutschland, in einem Reihenhaus in Bonn. Das war 1992. 20 Jahre danach fragt Die bairishe Geisha: Welche Gesellschaft formt solch widersprüchliche Persönlichkeiten wie Petra Kelly und Gert Bastian? Was muss sich ändern, damit eine Frau psychisch und physisch gesund an der Macht teilnehmen kann? Hat sich wirklich schon was verändert seit Petra Kellys Tod? Wer setzt sich durch in der Politik? Und im Theater? Gibt es da Parallelen? Im 20. Todesjahr von Petra Kelly gibt die eigens von der bairishen Geisha zu diesem Anlass  gegründete Formation Beides Geister ein Gedenkkonzert für die Ikone der Grünen-Bewegung Deutschlands. Die Frau, die ihr Leben dem Frieden widmete, die die Zärtlichkeit in die Politik bringen wollte, wurde 1992 von ihrem Lebensgefährten Gert Bastian im Schlaf erschossen. Zwischen den Bandmitgliedern von Beides Geister spielen sich Szenen ab, die Parallelen zu Petra Kellys politischem und privaten Leben aufweisen. Auf der Bühne werden Judith Huber und Eva Löbau unterstützt von Kristof Schreuf, dem bourgeois with guitar aus Hamburg. Er wird sie überfordern mit seiner Präsenz und seinem Können genauso wie sie ihn überfordern werden mit ihrer Zähigkeit und mit ihren Schwächen. Doch die beiden Frauen sind nicht immer solidarisch in ihren Zielen. Das Duett wird zum Duell. Die Songs von Beides Geister sind erschossene Friedenslieder, die brüllen: „Kommt man da heil wieder raus aus der Liebe und aus der Politik?“>


Der postrealitere Kulturbegriff

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„Kunst ist ein Laster“; Rathaus Moabit: Amt für Weiterbildung und Kultur, Fachbereich Kunst und Kultur, Fr. Krupsack-Dabel – erinnert an… das hier.

Im Fadenkreuz des Verfalls

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Auf Wunsch eines *schnuppe-Lesers in Oldenburg…

…das Kulturhaus Zinnowitz in Zinnowitz, „Erstes Seebad der Werktätigen“ auf Usedom, erbaut 1953-1957, saniert 1987, seither im Fadenkreuz des Verfalls.

09. September 2007

Arizona ist überall

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Beleg-Nr. 386

Rue de Chaussee, Winter 2013.

Der erbarmungslos hübsche Posthandschuh, gefunden heute Mittag bei der Schlange am Postschalter in Berlin-Mitte, Ecke Zinnowitzer, weckte sogleich zauberhafte Erinnerungen an meinen letzten Besuch im Dschungelcamp.

Metamorphusion!

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Ein überraschend kurzweiliges Konzert im stattlichen Rittersaal der O-Kirche, Berlin-Samoastraße, mit verblüffenden Klangspielen und außergewöhnlicher Instrumentierung, zukunftsweisend und durchweg hirn-herz-seelenvereint, virtuos erlöst in ebenso prähöllischer wie posthimmlischer Offenbarung.

„Stilistisch ist anzumerken, dass sich das aya X tryo von der radikalen Freestyle-Idee fortentwickelt hat, es finden durchaus recht melodische, aber auch schräge Motive, groovige Ostinatobässe, sowie strukturierte rhythmische Passagen Eingang in die Melange temporärer Fusionmusik, die sich zwischen Spacerock (doch auch noch!), Ambient & rhythmisch temperamentvollem Nu Jaz bewegt. Für die einzelnen Kompositionen, die zum Teil suiten-ähnlich in einander übergehen, zeichnen alle vier gleichberechtigt. Ein spannend-entspannendes Konzert-Erlebnis ist mit Sicherheit garantiert, wenn das Publikum denn bereit ist, sich auf die permanent changierenden Klangschaften einzulassen und den musikalischen Metamorphosen zu folgen…“ Artus Unival

Hartwig Nickola: E-Kontrabass & Loops
Marten Muehlenstein: Saxes, MikroTheremin, Noseflute & Sounds
Artus Unival: Ayatar-Gitarre, Percussion & Spheres
Masaya Hijikata: Drums

Langeweilespannung in jedem Atom

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Ein inszenatorischer Grenzgang: lange Weilen, Einsamsein, hoch verdichtete Fragmente, frappante Finessen – interessant! Im TD, Berlin-Mitte.

< Constant Bliss In Every Atom (bliss: Glückseligkeit) zu spüren, stellt ein Lebensprojekt dar, dessen Unmöglichkeit uns allen angesichts unserer bisherigen Erfahrungen auf diesem Planeten ebenso selbstverständlich erscheint wie die mit nichts zu vergleichende Attraktivität seines Gelingens. Der US-amerikanische Autor David Foster Wallace hat, bevor er sich im Jahr 2008 von schweren Depressionen zerrüttet das Leben nahm, in seinem Fragment gebliebenen letzten Roman The Pale King eine Figur erschaffen, die uns provoziert, da sie genau dieses Projekt erfolgreich lebt. Das Beunruhigende an dieser Figur ist, dass ihre konstante Glückseligkeit gewissermaßen auf dem Friedhof all unserer westlichen Lebensgewohnheiten und Glücksvorstellungen wächst. Shane Drinion ist, von außen betrachtet, einsam. Er ist, von außen betrachtet, maybe the dullest human being currently alive. Er ist nicht attraktiv.

Er ist radikal unscheinbar, beinahe ein Nichts. Er ist zuhause in der Langeweile und hat dort, unbemerkt von allen, ein Königreich der Lebensfreude errichtet. Er hat für sich, im selbstgewählten Abseits, all die Probleme gelöst, mit denen sein Erfinder sich in seinem letzten Lebensjahrzehnt denkend und schreibend herumgeschlagen hat: Wie kann man das Erwachsenenleben mit all seinen Frustrationen und Routinen aushalten? Wie die Einsamkeit bekämpfen? Wie kann man, um Himmels willen, andere Menschen oder sogar sich selbst wirklich lieben?

Die Erkenntnisse, die der Autor aus diesem Kampf getragen hat, den er als Mensch am Ende nicht gewinnen konnte, haben wir zum Gegenstand unserer Probenarbeit gemacht — und uns nach seinem Helden Shane Drinion benannt. Was auf der Bühne zu sehen sein wird, ist nicht eine Eins-zu-Eins-Aufführung von Wallace’ Texten. Es ist das Ergebnis unserer Lektüre davon. Es ist der Versuch, eine neue Art zu finden, literarische Texte auf die Bühne, sprich in ein anderes Medium, zu bringen, indem man sie nicht auf der Bühne wiederholt, sondern sie durch sich hindurchgehen lässt und sie dann selber, mit dem Körper und der eigenen Sprache, erneut schreibt, überschreibt und dadurch etwas Neues, Drittes erschafft. > Shane Drinion

Berlinreste retten!

Willkommen in Oprien

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Leserpost aus Johannisthal.

„Ganze Regionen, Opri, scheinen sich mittlerweile nach Dir zu benamsen, so Ostpreußen als eine der ersten, die bereits ihre KFZ-Kennzeichen anpassten.“

Welcome to Opria.


Freundetreffen anno 2013

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Meeting friends. Berlin, 2013

Prinzessin meets Popjesus

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David Hasselhoff gegen Goliath

Bremen, 1991 – Ankunft des zukünftig ewigen Bademeisterdarstellers, späteren Akoholkranken sowie früheren Freunds und Fahrers des sexiesten Automobils der 80er, der 1989 als modisch funkelnder Popjesus mit dem Hit Looking for Freedom über der Berliner Mauer schwebte. Am Sonntag gibt David Hasselhoff eine Pressekonferenz für das Bündnis „East Side Gallery retten!“.

„How can you tear down the wall that signifies freedom, perseverance and the sacrifice of human life?“, twitterte Ex-Sexiest Man Alive David Hasselhoff zu Beginn des Monats. Am kommenden Sonntag nun wird David in einem orangeroten Heiligenkostüm über den Großen Teich schreiten, um in Berlin spazieren zu gehen und dabei nach der schwindsüchtigen Freedom zu sehen, um die er und Millionen andere so lang ersuchten – eine Freiheit ohne „new dimension of living without compromise“, eine Suche nach würdiger Authentizität im Todesstreifen, eine Mahnung, die letzten Reste der Berliner Mauer nicht für immer aus dem von wechselhafter Geschichte gemalten Stadtbild zu radieren. Shame on you, Berliner Senat, again, again and again.

Am Sonntag rettet David Hasselhoff die East Side Gallery.

14 Uhr am Kulturklub Yaam, East Side Gallery, Berlin

Salam et Shalom

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Liebe Grüße

vom fröhlichen Pessachfest im Kunstatelier Omanut!

Eure Weltenwandlerin

 

Realer Wahnsinn: Brazilification

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„Brazilification“ von Die neue Dringlichkeit kommt als sinnbildstarkes Zwei-Personen-Stück daher, zieht sein Publikum von Beginn an in den Bann der Erzählung, schafft es dann mühelos, die Spannung aufrechtzuerhalten und bleibt bis hinein in die letzten Momente – in welchen dunkelhäutige Neugeborenenpuppen in rascher Folge auf die Bühne geschleudert werden – unvorhersehbar.

Als metaphorisch stimmige, humorbegabte Auseinandersetzung beheimat sich das nur scheinbar zeitgebundene Dokument „Brazilification“ im Grenzgebiet von bestürzender Tatsachenbeschreibung, tragikomischer Realsatire, Anklage und politisch unkorrekter Intervention in übermächtige Gegebenheiten scheinbar geewigter Unrechtssystematiken. So entwickelt sich aus performativer Erinnerung altbekannter Weltverhältnisse und jüngst erkannter autobiografischer Realitäten eine unterhaltsame Wilderei im gesellschaftskritischen Sujet.

Selten geht man ins Theater und findet vor, was man vorfinden möchte, und gleichzeitig solches, dessen man vorzufinden nicht zu hoffen gewagt hatte. „Brazilification“ erfüllt gleich beiderlei Erwartung, ist intelligent, aber nicht verkopft, kurzweilig, aber mit langem Atem, inszenatorisch überzeugend, aber unperfekt geblieben – kurzum: Ein Bühnenwerk wie angegossen für den TD.

In Sao Paulo gibt es Hubschrauber-Taxi-Unternehmen, damit die Reichen den Boden nicht mehr betreten müssen, der ihnen unsicher scheint. Der Begriff Brazilification steht in Douglas Couplands Kult-Roman „Generation X” für: „The widening gulf between the rich and the poor and the accompanying disappearance of the middle classes”. In Brasilien werden Vorgänge sinnlich fassbar, die auf globaler Ebene nur abstrakt zu verstehen sind: Das Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich, der Zusammenhang zwischen struktureller und physischer Gewalt und die Folgen der totalen Entfesselung des Marktes. Miriam Walther Kohn und Christopher Kriese sind zwischen Brasilien und Europa aufgewachsen; Marcel Grissmer ist nach der Schule als Aussteiger in dem südamerikanischen Land hängen geblieben. In Brazilification nehmen sie ihre Erfahrungen vor Ort als Ausgangspunkt für eine autodokumentarische, performative und politische Suche nach ihrer eigenen Positionierung und Möglichkeiten der Intervention.

gefolgt von: Saving Philotas (Film)

kriese/walther/grissmer befragten in Tel Aviv zusammen mit jüdischen und arabischen Jugendlichen das Schicksal von Lessings Titelhelden Philotas und fanden erstaunliche Antworten. Das Theaterprojekt entstand an der jüdischen Aleph High School und der arabischen Ajyal High School, die für das Projekt erstmals kooperierten. Premiere feierte Saving Philotas am 15. Juli 2012 im Arab-Hebrew Theatre. Der Prozess des gemeinsamen Theatermachens wurde zur Metapher für ein friedliches Miteinander. Um die Erarbeitung des Projektes und seine Bezüge zum Nahost-Konflikt zu reflektieren, entstand ein Film, dessen Rohfassung im Anschluss an Brazilification gezeigt wird.

Das Erdbeben in Chili

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Kein Beben, nicht mal eine Erschütterung: Kleists „Das Erdbeben in Chili“ in einer Bearbeitung von Jana Polasek. Schade.

Im Theaterdiscounter.

Die Inszenierung der jungen Regisseurin Jana Polasek setzt im doppelten Sinne ganz auf die Kraft der Erzählung sowohl Kleists als auch ihrer beiden jungen Schauspieler und behauptet gerade damit die Aktualität des Textes. In einer völlig schnörkellosen Inszenierung wird die Geschichte mit einfachsten Mitteln erzählt und entwickelt durch Kleists Sprache und Wortgewalt einen Sog, der immer weiter in die großen Fragestellungen dieser dunklen und brutalen Geschichte hineinzieht.

Zwei junge Liebende sind wegen ihrer verbotenen Liebe zum Tod verurteilt. Am Tag der Vollstreckung wird jedoch die zerstörerische Gewalt der Natur zu der Kraft, die ihnen das Leben rettet: Ein starkes Erdbeben verwüstet die Stadt und reißt unzählige Menschen in den Tod. Das Liebespaar überlebt und findet sich auf den Hügeln vor der Stadt samt dem gemeinsamen Kinde wieder. In einem Taumel von Glück und Dankbarkeit feiern sie gemeinsam mit anderen die Errettung des eigenen Lebens im allgegenwärtigen Chaos. Doch als der Priester auf der Dankesmesse der Überlebenden das Erdbeben als eine Strafe Gottes für begangene Sünden deutet, gerät die Menge außer Kontrolle und rächt das Unglück an dem Liebespaar.

Heinrich von Kleist, der Dichter, „dem auf Erden nicht zu helfen war“, stellt in seiner erschütternden Novelle die Frage nach dem Ausgeliefertsein bzw. der Verwirklichung des Einzelnen gegenüber Natur und Gesellschaft. Und nach dem seltsamen Verhältnis zwischen Glück und Unglück. Sie ist aber auch eine Betrachtung darüber, wie nah das Schönste und das Schreckliche im Menschen beieinander liegen können.
Mit Anina Polasek und Werner Michael Dammann

Ende gut, alles gut

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Bezaubernd varietistisch. Ein Schmunzelfest für alle Liebhaber absurder Theatralität in intellektuellen Überschlägen. Eine starke Ensemblearbeit bestens harmonierender Akteure, deren Spiel seinen Platz im zauberhaften Gefüge der rasch wechselnden Szenen mühelos findet. Einfalt weicht fesselnder Spiellust. Nur wenige Fehltritte trüben die Wirkungsmacht einzelner Sequenzen, en gros aber trägt sich dem Zuschauer die Gewissheit: Diese Interpreten wissen, was sie mimen und sie tun es ausgesprochen gern.

Am Ende wird sich ein Schauplatz ungeahnt morbider Nonchalance entfaltet haben. Am Ende? Ja, denn letztlich zieht es dann doch herauf, und mit ihm nun auch die Vergängnis des jähen Aufblühens einer verloren geglaubten höheren Hoffnung in das Sujet Theater. Jene Hoffnung zelebriert in „Es gibt kein Ende“ eines ihrer raren Comebacks,  infolgedessen sich der unvermittelte Einwurf „Ich meine, es gibt Gerechtigkeit in der Welt, aber warum kommt sie so spät?“ als vielmeinende Weisheit bezeugt.

Das Theaterdiscounter-Publikum dankt dies mit warmem Applaus, gleichwohl unüberhörbar bleibt, dass absurdes Theater beileibe nicht jeden zu erreichen vermag und wenige nur in Herzensnähe. Am kurzweiligen Spiel, dem fabelhaften Bühnenbild, der innervierenden Inszenierung oder der finessenreichen, lyrischen Sprache der überaus tragisch verstorbenen Autorin Anna Jablonskaja wird es nicht gelegen haben können.

„Die Welt enthält keine Fragen. Nur Antworten. Unsere Aufgabe ist es, zu jeder Antwort die richtige Frage zu finden“, heißt es in Anna Jablonskajas Stück. In 15 ebenso prägnanten wie humorvollen Szenen entsteht ein Geflecht aus Beobachtungen, Begegnungen und Zwiegesprächen in Vergangenheit, Gegenwart und virtueller Welt, mit Anklängen an Zwetajewa, Brodsky und Goethe, eingebettet in den literarischen Kosmos Europas. Mit Es gibt kein Ende setzt Anna Jablonskaja die avantgardistische Tradition des russischen Theaters fort. „Wir denken, dass wir mit der Geburt einen Namen erhalten. Aber das stimmt gar nicht. Wir bekommen ein Pseudonym, aber den Namen erfahren wir nicht.“ Ein Erfinder, ein Mädchen, Menschen mit bunten Haaren, aber auch Goethe und Werther, die Gesichtsmuskeln und ausgesuchte Vulkane begeben sich auf die Suche nach den richtigen Fragen. Wenn der Mensch mit grauem Haar seinen Arbeitsalltag als Verlieren von Zeit beschreibt, das Mädchen ihre Sucht Kleinbus zu fahren beichtet und Ararat und Vesuv darüber streiten, wer von beiden echte Asche oder doch nur schleimigen Auswurf spucken kann, so geraten gesicherte Weltzusammenhänge im Großen und Kleinen aus den Fugen. Gegenstände und Umgebungen treten aus ihren vertrauten Zusammenhängen heraus, Figuren nähern sich an, um gleich darauf die herkömmlichen Zeitverankerungen zu durchbrechen. „Es gibt kein Ende“ mit Christine Diensberg, Lucie Mackert, Robert Arnold, Endre Holéczy und Johannes Karl. Zimmertheater Tübingen und Ruhrfestspiele Recklinghausen. Regie: Christian Schäfer.

Shalom et Salam

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Analogfotografie: M.A.D.


Kunstwerkaktivierung

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Unter dem vielmeinenden Titel „Transport“ zeigt eine Ausstellung im Foyer der Kunsthochschule Weißensee die neuesten Kunstvorschläge der Damen und Herren Johannes Bidmon, Manuel Kirsch, Marlene Burz, Martin Maeller, Moreen Vogel, Nina von Seckendorff, Nora Arrietta und Pauline Faucheur.

Anlässlich der Eröffnung und zum Zwecke der Sinnstiftung sowie Bestimmung seiner kunsthaften Expressionen hatte der künstlerische Nachwuchs geistliche Verstärkung eingekauft. Der transportable freiberufliche Heilpraktiker und Diplomökologe Manuel Breuer anerbot schamanisches Geschick, und fertig war die Laube.

Der Reihe nach wurden die im Raum befindlichen hölzernen Transportkisten von einem fachkundigen Kunstjüngling per Akkuschrauber geöffnet und damit auch den umstehenden Schaulustigen visuell eröffnet. Kurz darauf näherte sich dann der spiritistische Praktiker dem jeweiligen Kunstkisteninhalt und schwenkte würzigen Weihrauch. Hernach aktivierte der sachverständige Stadtschamane vermittels ritueller Klänge und Gesänge, Tänze und Anschauungsmomente die in den Kisten befindliche Kunstwerkware. Ihrerseits steht einer sinnvollen Existenz nun also nichts mehr im Wege.

Im Anschluss an gewiss nicht unverdienten Applaus reichte man dem vom Kunstschamanismus noch ungesättigten Publikum Salz an Stangen zu Wasser und Wein. Derweil legte der Transportschamane Maske und Federschmuck ab und kehrte zurück ins Reich der Scharlatanerie.

„Wenn Etwas den Ort wechseln soll, dies aber nicht aus eigener Kraft oder aus eigenem Willen tut, wird die Reise zum Transport. Die Transporthülle schützt das transportierte Gut vor äußeren Einflüssen oder die Außenwelt vor dem Transportgut. Sie verbirgt ihren Inhalt vor unseren Blicken. Deswegen können wir unsere Ahnungen ins dunkle Innere der Hülle projizieren, bis das Öffnen der Transportkiste scheinbar Klarheit bringt. Aber was ist eigentlich angekommen? Transportiert ein kultischer Gegenstand das Ritual, für das er geschaffen ist? Lässt sich ein Kult verschiffen? Gibt es einen blinden Passagier? Oder sehen wir Gespenster?“ www.kh-berlin.de

Rollrasen im Garten Eden

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Wieder war ein Stück guten Glücks der Übermacht einiger traumloser Gesellen in Regierung und Planwirtschaft zum Opfer gefallen. Und das Volk in seinen Gattern nahm dies hin, nicht alle und nicht alles freilich und auch nicht sofort, aber die allermeisten von ihnen später dann doch. Die märchenhafte Wildnis im endzeitlichen Zauberwald inmitten der weitläufigen Stadt trug den ungeliebten Stempel der Freiheit. Soviel grobe Ungewissheit weckte Argwohn nicht nur bei den zuständigen Behörden. Jener verwunschene Ort ist daher längst Geschichte; was von ihm blieb, ist Erinnerung.

Löcher in den Zäunen ringsum dienten als Ein- und Ausgang. Die Menschen betraten das Areal, auch wenn dies selbstverständlich nicht gestattet war. Jeder Übertritt markierte den ungesetzlichen Akt der Selbstbestimmung. Das informelle Naturerlebnis jenseits der engen Häuserschluchten begeisterte seine Entdecker. Verfallende Ziegelbauten aus den Zeiten des bahnwirtschaftlichen Betriebs boten ihren Bewohnern eine karge Heimstatt, natürlich widerrechtlich. Mancheiner, der die Rechthaberei der Einfaltsgesellschaft satthatte, fand hier ein trautes Plätzchen, schlug sein Lager auf, ein Zelt: Improvisierte Heimat fernab von Hype und Habsucht einer zur Gefräßigkeit erzogenen Metropole, Lagerfeuerromantik jenseits des überbemühten Wohlstandsklischees.

Wald sah man dort vor lauter Bäumen nicht. Diese durchaus gesprächigen Zeitgenossen flüsterten ihren heimlichen Besuchern Geheimnisse ins Ohr, und als Zeugen der Melancholie ragten sie weltverloren ins Alles und Nichts der schwer zugänglichen Lichtungen. Buschwerk überwuchs Aufschüttungen und Untiefen. Verkohlte Balken stürzten von den Gemäuern der Ruinen und luden zum Verweilen ein. Rostende Signalmasten signalisierten dem sie belagernden Dschungel die Bereitschaft zu ewigem Ruhestand in Einheit mit Mutter Erde. Und Dunkelheit blieb Dunkelheit, keine Funzel leuchtete Spaziergängern den Weg. Selbst wer ihn kannte, konnte nach Sonnenuntergang rasch die Orientierung verlieren und musste nun den Entschluss fassen, sich einer neuen zu bequemen.

Vielleicht stieß ihn die ungewohnte Losigkeit in eine Not, die ihn nachdenklich machte und ihn am steilen Hang eines erweiterten Bewusstseinstrebens wieder zu sich finden ließ. Vielleicht auch schlich er zu den Wilden ans Lagerfeuer. Man mochte kaum glauben, wieviele Menschen des Nachts in düstrer Wildnis anzutreffen waren. Wer allein sein wollte oder allein unter Gleichgesinnten, suchte sich irgendwo in diesem zentral gelegenen Abseits ein schönes Plätzchen, an das niemals ein Landschaftsplaner Hand angelegt hatte und welches nur genau deshalb alle Kriterien erfüllte, die man sich von diesem Ort versprach: Ruhe, Erholung und Spaß an der Entdeckung.

Wer raus wollte aus dem Trott der Angepassten, folgte einfach dem Schienenverlauf. Verwaiste Gleise aus dem Zeitalter der Industrie führten geradewegs ins ungeplante Durcheinander und entgleisten imaginäre Eisenbahnzüge ins Reich der Fantasie. Die Tore nach Utopia standen weit offen, einen Moment lang nur, einen Augenblick zu lang. Da hätte ja wer weiß was passieren können. Das durfte nicht sein. Abhilfe fand man schließlich in Form einer groß angelegten Grünflächenplanung nebst Bebauung.

In Erinnerung an einen Ort, den es offiziell nie hätte geben dürfen.

Paradies: Glaube

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Ulrich Seidls nahezu unspektakulärer Spielfilm über Bigotterie und innere Not, Menschenwürde und sexuelle Lust am Katholizismus. Paradies: Glaube, hautnah und schonungslos interpretiert von Maria Hofstätter. Mit virtuosen Verweisen auf die großen Fragen des Lebens – Selbstverwirklichung, Sinn und Herkunft, Macht und Ohnmacht, Liebe und Hass –, ohne dabei die kleineren menschlichen Nöte und Vorlieben außer Acht zu lassen. Paradies: Glaube, ein pädagogisch wertvoller, in vielerlei Hinsicht zeitloser, hervorragend abgewogener Lehrfilm für Pharisäer, Kulturseismologen und Röntgenassistentinnen, Theologiestudenten und Teilnehmer des Vatikanischen Konzils, sowie für Schulkinder ab der 3. Klasse.

Im Kant Kino.

Widerkehr in Geist und Sinnlichkeit

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„Das ist superschön, das Stück, oder“, flüstert mir mein Sitznachbar im Theaterdiscounter ins Ohr. Mein Kopf nickt bereitwillig.

„Sinnlich“, „wogend“, „pulsierend“ ergänze ich in Gedanken. Doch der selbstbewussten Hingabe der drei überaus spiellustigen Künstlerinnen liegt neben der auratischen Kraft eine ebenso scharfsinnige wie anklagende Analyse zugrunde. „Choreografotze!“ schreit Rebecca Egeling, und Recht hat sie. Denn Choreografie ist Fremdbestimmung, ist nicht selten – und dennoch nie sichtbar – die geistige Penetration prekär beschäftigter, im vorliegenden Fall Tänzer zu nennender Lebewesen, und natürlich ist sie auch deren körperliche Benutzung. Ein ums andere Mal stellt sich die Frage nach Ausbeutung und Selbstausbeutung; die Grenzen verlaufen fließend.

Charlotte Jauch, Carolin Schmidt und Rebecca Egeling legen in Comeback ihre seismografische, gleichsam autobiografisch wie gesellschaftskritisch motivierte Abrechnung in einer erstaunlichen Fülle an Spiellaune dar. Schon nach wenigen Minuten fühlt man sich an die besten Seiten und Zeiten sogenannter Kleinkunst erinnert, und o Wunder, man braucht sie für die daraufflogende Stunde gar nicht wieder zu verlassen. Mit jedem Moment der kurzweiligen Performance reift die Gewissheit heran, einem Feuerwerk von Geist und Sinnlichkeit beizuwohnen. Mehr noch:  Am Fuße eines wild schwankenden, schließlich umstürzenden Fasses intelligenten Humors zu stehen – das wissen wir –, ist weder im Komödienstadl noch in den Tempeln der Erleuchteten die Regel, sondern die Ausnahme.

Ebendiese Ausnahmeerscheinung verkörpern alle drei Bühnenkünstlerinnen in einer Vielzahl schneller Momente, vor allem aber in den entschleunigten, während derer die Köpfe der Zuschauer weiterführende Assoziationen zusammenreimen, welche dann zu Tränen gerührt von den Kinnladen tropfen. Ambivalenzen in Inhalt und Ästhetik zu erzeugen, gehört meines Erachtens nach zu den Meisterstücken jedweder Kunstdarstellung. Selten gerät eine ironische Auseinandersetzung dabei so erbaulich wie in Comeback, und dies Gelingen erinnert an Phänomene wie Cora Frost, die es verstehen, ihrer Glücksbegabung stellvertretend für ihr Publikum freien Lauf zu lassen und jede Höhe zu gewinnen, ohne sich niederer Instinkte zu bedienen oder den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Die virtuosen Wechsel zwischen tief empfundener Sehnsuchtsperformanz, herzhafter Persiflage und bissiger Satire verrühren Comeback zu einer überraschend schmackhaften und dabei nachhaltig nährwerten Ingrediens im manchmal bitteren Brei des Daseins. Und nicht erst während des ironischen Phrasendreschens, dem neben allerlei bekannten Werbesprüchen auch so manche Volksweise zum Opfer fällt, gemahnt sich Widerstand. Mehr noch: Comeback wartet mit veritabler Revolutionsfantasie auf. Der „revolutionären Vision von Tanz“ möchte man auf der Stelle Folge leisten, nicht allein deshalb, weil Carolin Schmidt sie im wohligen Klang ihrer betörenden Stimme vorstellt. Denn befreiten wir uns aller Verspannungen und lenkten sie in die Regung unserer Glieder – ob nun selbstchoreografiert oder spastisch –, dann „wäre die Welt ein großes Tanzfest“ und sicher auch ein Ort unkontrollierter Bewegungen, welche jedes Begehr des munter anwachsenden Überwachungsstaates zur Farce machte.

Die Künstlerinnen jedenfalls ließen auch dieser Sehnsuchtsthese umgehend Praxis folgen. Das geneigte Publikum bedankte alle Überzeugungstat mit „Bravo“ und tosendem Applaus.

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Comeback / ein Stück Tanz zwischen Pop und Wissenschaft

Comeback ist aufschlussreich wie eine Reportage, unterhaltsam wie ein Roadmovie und trashig wie ein Musikclip. 3 Tänzerinnen — endlich zurück auf den Bühnen der Welt. Ihr Comeback ist Comeback und Auseinandersetzung zugleich — mit den grundsätzlichen Konzepten von Erfolg, Lebenszielen, Ehrgeiz, Scheitern.

Die Bühne wird zum Ort, an dem die drei Tänzerinnen eigene Ambitionen ausbreiten und vor den Augen der Zuschauer sezieren In Interviews mit Coachs, Politikern und Produzenten fragen Rebecca Egeling, Charlotte Jauch und Carolin Schmidt nach Tipps, wie ihnen ein Comeback gelingen kann. Dabei erforschen sie das Verständnis von Erfolg und Scheitern in einer neoliberalen Gesellschaft, in der jeder seines eigenen Glückes Schmied zu sein hat. Bewährte Erfolgskonzepte werden aufbereitet, um sie mit den Eigenen zu vergleichen. ‚In was für einer Welt wollen wir tanzen? Wie hat sich der Tanz verändert für den wir einst auszogen, ihn uns anzueignen? Ist uns das geglückt? Oder sind wir daran gescheitert? Verändern sich Ziele, während man sich auf sie zubewegt?’

Werden die Drei an alte Erfolge anknüpfen können? Wird sich das Publikum an sie erinnern? Eines ist sicher: Sie wollten und wollen auf die Bühne und zwar so wie sie sind. Ein eigenwilliger Abend einer Gruppe, der die Zukunft gehören wird: A star will be born. We are As We Are. Von und mit Rebecca Egeling, Charlotte Jauch und Carolin Schmidt.

Zehn Jahre Wunsch und Wahnsinn

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Der Theaterdiscounter, ein gar nicht mal so kleines, gar nicht mal so unfeines Theater mitten in Berlin-Mittes Mitte, dort nun schon seit ein paar Jahren Untermieter im alten DDR-Fernmeldeamt, feiert zehnjähriges Bestehen. Eine Dekade formidabler Glücks- und liebenswerter Fehlgriffe. Kennern der Materie „Off-Theater“ gilt der TD seit langem als legitimer Bewusstseinserbe von HAU und Sophiensaelen. Während diese sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr in der etablierten Theaterlandschaft verwurzelten, ist der Theaterdiscounter seinen Weg als Experimentierlabor und extrem basisnaher Schautempel für performatives Theater weitergegangen.

Eine solche Melange kann sich sehen lassen. Vertanes und Zahnloses, bezaubernd Entlarvendes, verkannt Genialisches, charmant Verschissenes, Revoltäres und Traditionelles, Interessantes und Irreführendes, Berührendes, Penetrierendes, Steckenbleibendes, Handgemachtes, folternd Verlesenes, intelligent Verlustigtes, sympathisch Vernuscheltes, virtuos Bemessenes, unfreiwillig Komisches, satirisch Vertanztes, freiwillig Unernstgenommenes, brillant getaktete Taktlosigkeit und wie Angegossenes reihen sich wild ans lose Band der Prinzip-Chaos-Konzeption des Theaterdiscounter. Neben einer Vielzahl stetig wechselnder freier Gruppen und diversen Gastspielen finden dort immer wieder auch Eigenproduktionen ihren Platz. Darüber hinaus erweisen sich aufwendige Interventionen à la Monologfestival als möglich und glanzvoll, wenn Zauberhände wie jene von Raumkonzeptionistin Silke Bauer daran mitwirken. Somit ist der TD zu dreierlei gereift: Souveräne Spielstätte, Forschungsraum und Durchlauferhitzer.

Dass „Das Stadttheater ist tot“, die leider nur lauwarme Jubiläumsproduktion des TD, überspannt daherkommt und trotz vieler kluger Verhandlungen und ironischer Anwandlung letztlich weder ins Publikumsherz noch ins theatereigene zu treffen vermag, ist schade. Das Stück aber leidet u. a. darunter, dass die Riege der Darsteller schlichtweg nicht gut zusammenpasst. Ein weiteres Problem benennt ein anderer Zuschauer: „Versatzstücke“. Man fühle sich regelrecht versetzt und könne nicht folgen. Doch angesichts einer langen Liste jüngster Erfolge ist ein solcher Einbruch kein Beinbruch. Außerdem ahnen wir, dass dieses „Scheitern an sich selbst“ womöglich einer metaphysischen Selbstwahrnehmung entspricht, ja dort vielleicht sogar entspringt. So lesen wir im Programmblatt: „Der Theaterdiscounter feiert im April 2013 sein zehnjähriges Bestehen mit einem Format wie es für ihn mal typisch ist: Fünf Tage Probenzeit, viele Köche, geklaute Texte und als Bühnenbild das neu kontextualisierte Kellerinventar.“

Unverdrossenes Publikum kann darauf vertrauen, dass jedem Hop schon bald ein gut erforschtes, zu Tränen rührendes Top-Comeback folgt. Den Eminenzen im Hintergrund des TD jedenfalls – Georg Scharegg, Heike Pelchen und Michael Müller – sei daher ihre Behauptung gegönnt: „Wir sind Forscher“. Und man wünscht ihnen den Mut, darin „Wir sind forscher“ zu lesen. Denn dem Theaterdiscounter obliegt gerade wegen seiner prekären Ausgangssituation nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, der alles überherrschenden Marktkonformität in der Kunstarbeit und den ihr trotzenden Zweiflern eine mutige, eine unbequeme, eine aufwieglerische Adresse zu sein, und den Glücksbegabten unter ihnen ein fester Anker in der Realisierung beherzter Sehnsüchte und Utopien.

Bleibt noch der Wunsch: Macht weiter so! Jenseits von Gut und Böse werdet ihr gebraucht.

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